Pflegeversicherung

Neue Gesetze in der Pflege

Was bedeutet dies im Alltag eines Pflegebedürftigen?

Zum 1. Januar 2017 ist das Pflegestärkungsgesetz II in Kraft getreten. Ab diesem Datum werden die zu pflegenden nach ihrer Pflegebedürftigkeit eingestuft, nicht nach dem Hilfebedarf wie bisher. Wenn sich jetzt der Medizinische Dienst der Krankenkassen  bei Ihnen anmeldet und Sie oder Ihren Angehörigen nach den neuen Begutachtungsverfahren  einstuft, nimmt der Gutachter nach folgenden Punkten Ihren persönlichen Stand auf:

  1. Angaben zur Person und zur Begutachtungssituation: Name, Geburtsdatum, usw, aber auch: wer ist bei der Begutachtung dabei, wer hilft schon mal im Haushalt…
  2. Anamnese: Krankheiten und ihr Verlauf, Krankenhausaufenthalte, Name des Hausarztes, Medikamente (der Hausarzt ist verpflichtet, Ihnen einen aktuellen Medikamentenplan zu Verfügung zu stellen!)
  3. Wohn- und Lebenssituation: Begehung der Wohnung, Badezimmer: Duschwanne geeignet?, Küche: Dies alles in der für Sie ganz normalen Wohnsituation. Der MDK ist kein Besuch in dem Sinne, dass bei Ankündigung der Einstufung ein Putz- und Aufräumteam durch die Wohnung wirbelt! Der Alltag für Sie wird begutachtet, Ihre Möglichkeiten, die Alltagsaufgaben zu übernehmen!
  4. Versorgungssituation: Können Sie noch für sich selber kochen? Wie schwer fällt Ihnen dies? Was können Sie noch selbstständig übernehmen und wo brauchen Sie Unterstützung?

Daraus ergibt sich die Befunderhebung zu Schädigungen und Beeinträchtigungen und die Begutachtung der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten. Der Gutachter stuft  Sie nach gesundheitlich bedingten Einschränkungen der Selbstständigkeit ein und dies in 6 unterschiedlichen Modulen (Mobilität, Kommunikation, Kognition, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit Behandlung und Therapie und Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte. Als Beispiel  Thema „Mobilität“: Hier gibt es 5 Arten der Mobilität, immer bezogen auf die Häuslichkeit, deren Unterstützungsbedarf erfasst wird, das heißt im Klartext z.B: „ Kann ich mich innerhalb meiner Wohnung selbständig bewegen?“  Hier werden 4 mögliche Abstufungen der Selbständigkeit zum Ankreuzen angeboten: „selbständig“, „überwiegend selbständig“, „ überwiegend unselbstständig“ und unselbständig“. Diese Abstufungen  gelten in allen Modulen, allerdings haben die einzelnen Module unterschiedlich viele Unterpunkte. Zwei weitere Module (Außerhäusliche Aktivitäten, Haushaltsführung)  werden bei der Begutachtung noch abgefragt, sind aber nicht relevant für den Pflegegrad, sondern sind ausschließlich für die Hilfeplanung und die Beratung relevant.

Da die die Schwerpunkte der Module sich unterschiedlich auf Ihre Selbstständigkeit auswirken, werden sie zuletzt noch  gewichtet und in ein Punktesystem eingeordnet.  Aus der Anzahl der Punkte (12,5 – 100) ergibt sich der Pflegegrad:

Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad  2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit
Pflegegrad  3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad  4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegegrad  5: schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die Versorgung

Nun finanzieren die Pflegekassen pauschale Zahlungen für folgende Leistungen, die durch die Pflegeheime erbracht werden müssen:

  • Pflegebedingte Aufwendungen (Waschen, Anziehen, Anreichen der Mahlzeiten, Toilettengänge usw.)
  • Aufwendungen der Betreuung ( tagesstrukturierende Betreuungsangebote, Vorleserunden, Feiern….)
  • Aufwendungen  für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege ( Medikamentenvergabe nach Angabe des Arztes, Verbände)

Pauschale Zahlungen heißt konkret:
Pflegegrad  2: 770 €
Pflegegrad  3: 1.262 €
Pflegegrad  4: 1.775 €
Pflegegrad  5: 2.005 €    

Ihnen fehlt eine Bewertung des Pflegegrades 1: Richtig! Hier ist die Grundidee des Gesetzgebers: Prävention und Rehabilitation sollen in diesem Stadium der Beeinträchtigungen stärker eingesetzt werden, um  einen längeren Verbleib in der äuslichkeit Häuslichkeit zu ermöglichenHHhH  Häuslichkeit zu ermöglichen und erhalten. Gezielte Förderung und Prävention können und sollen eine Pflegebedürftigkeit verringern und zeitlich nach hinten verschieben.             

Zum Schluß spricht dann der Prüfer Empfehlungen aus, was Ihnen z.B. an Hilfsmitteln (z.B. Rollator) zusteht, um Ihnen den Alltag zu erleichtern. Diese Empfehlung reicht aus, um den Antrag bei Ihrer Krankenkasse zur Beschaffung dieses Hilfsmittel zu stellen.

Dementielle Erkrankungen und eingeschränkte Alltagskompetenz werden nun innerhalb der Pflegegrade mit berücksichtigt und folgendermaßen berechnet:

Pflegestufe I + eingeschränkte Alltagskompetenz   = Pflegegrad 3
Pflegestufe II + eingeschränkte Alltagskompetenz  = Pflegegrad 4
Pflegestufe III + eingeschränkte Alltagskompetenz = Pflegegrad 5
Pflegegrad 5 gilt auch für  den Härtefall + eingeschränkte Alltagskompetenz

Nun haben Sie die Begutachtung überstanden, Sie bekommen durch die Pflegekasse einen Pflegegrad mit Begründung mitgeteilt (kann zur Zeit lange dauern, da ein Begutachtungsstau aus dem Jahr 2016 nach den alten Begutachtungen mit Pflegestufen noch ansteht) und was kommt dann auf Sie zu?

Sie suchen sich ein Pflegeheim, am sinnvollsten in Ihrer bisherigen Wohngegend oder in der Nähe von Kindern oder anderen Angehörigen, um weiter Ihre sozialen Kontakte pflegen zu können. Sie suchen sich dort, so denn möglich, ein Zimmer aus und besprechen mit dem Heim die Kosten des Pflegeplatzes:

Neu ist mit der Einführung des PSG II auch, dass sich die Refinanzierung der Pflegekosten etwas anders zusammensetzt als bisher.

Eine Neuerung ist positiv für den Bewohner / die Bewohnerin: egal in welchem Pflegegrad er/sie eingestuft wird, der Eigenanteil an dem Entgelt ist immer gleich. Damit entfällt für die Heime die Problematik, Bewohnern und ihren Angehörigen wegen einem höheren Pflegeaufwand steigende Eigenanteile für höhere Pflegestufen  in  Rechnung stellen zu müssen.   

Das Gesamtpflegentgelt setzt sich folgendermaßen zusammen:

  1. Zuschuss der Pflegekasse
  2. Einrichtungsbezogener Eigenanteil
  3. + Éntgelt für Unterkunft
  4. + Entgelt für Verpflegung
  5. + Investitionsfolgekosten

Die Positionen 2 –  5  müssen durch den Pflegebedürftigen selbst getragen werden oder bei geringer Rente teilweise Übernahme durch den Sozialhilfeträger. Bitte sich im Vorfeld immer genau erkundigen, auch im Bezug auf Eigentum, Gespartes und eventuelle Unterstützung durch die Kinder.

Abgeschafft worden sind  auch die immer wieder so angeprangerten Pflegeminuten. Aber nun ist die Problematik. sowohl für die ambulante Pflege als auch für die stationäre Pflege, entstanden, wie man denn den Personalbedarf  berechnet. Der Zeitfaktur soll es  nicht mehr sein, was aber dann?  Welcher Pflegeschlüssel soll denn  für welchen Pflegegrad  gelten. Wenige Bundesländer haben Richtlinien dazu erlassen, in Niedersachsen wird noch verhandelt und der Bund hat diese Frage auf das Jahr 2020 verschoben. Eine Information zu dem Thema ist allerdings schon durchgesickert: es gibt nicht mehr Personal! Wie diese Kuh von den Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten vom Eis gebracht wird, wird sich in den nächsten Monaten ergeben.

 Was will der Gesetzgeber denn eigentlich mit dieser Gesetzesänderung erreichen? Eine Forderung, die auch wir Senioren /-innen eigentlich immer wieder fordern: wir möchten in unserer häuslichen Umgebung möglichst lange leben können. Also Unterstützung und Hilfe nur im Notfall! Und da ist der Gesetzgeber sofort mit aufgesprungen: ambulant vor stationär, nicht nur ein Schlagwort, sondern  die ambulante Pflege / Unterstützung soll durch die Pflegestärkungsgesetze I – III stark ausgebaut und unterstützt werden. Aber wie läuft es denn dann? Schauen Sie in das nächste Heft, dann wissen Sie mehr…..

Monika Stadtmüller (Pflegefachkraft für Altenpfleg und Dipl.Kauffrau  (FH) für Pflegemanagement)

 

Ambulant vor stationär

Seit einigen Jahren gilt dieser Slogan und er fügt sich nahtlos in die Wünsche der Senioren / Seniorinnen ein: so lange wie möglich in der lang bewohnten Wohnung bleiben und trotzdem Unterstützung und Pflege zu bekommen. Bei einer Entscheidung, ambulante Hilfe für sich oder seinen Partner, in Anspruch zu nehmen, sollte viele Aspekte im Vorfeld bedacht werden.

Was bedeutet es, wenn ich meinen Partner zu Hause pflege? Bin ich in der Lage, meinen Mann Tag und Nacht zu pflegen, ev. nach einem Schlaganfall? Ist er inkontinent? Kann er sich selber drehen, aufsetzen? Viele dieser Fragen werden durch den MDK (Medizinischen Dienst der Krankenkassen bei der Einstufung n einen der 5 Pflegegrade (näher Ausführung: siehe „stationäre Pflege“) beantwortet. Auch bei einer dementiellen Erkrankung des Partners ist eine genaue Selbsteinschätzung unbedingt notwendig, denn die Belastungen, sowohl psychisch als physisch, sind oft groß und können einen selbst an den Rand der Erschöpfung bringen. Auch hier ist die Einschätzung von Experten notwendig und ratsam.

Das Pflegestärkungsgesetz II, das seit dem 01.01.17 die finanziellen Unterstützungen regelt, hält unterschiedlichste Möglichkeiten zur Unterstützung der häuslichen Pflege bereit. Immer vorausgesetzt, Pflegebedürftigkeit wurde festgestellt und ein Pflegegrad testiert.

Kann die Pflege selbst organisiert werden, z.B. mit Hilfe von Angehörigen, Freunden oder einer anderen nicht-professionellen Pflegekraft (z.B. aucheine ausländische 24-h Betreuungskraft), hat der Versicherte (also der zu Pflegende) Anspruch auf

Pflegegeld               PG  1              PG 2               PG 3               PG 4               PG 5

                                 0                   316 €            545 €            728 €             901 €

Das Pflegegeld soll eine Art der Aufwandsentschädigung sein, die an die ehrenamtlich Pflegende weitergegeben werden soll.. Aber, neben der in den höheren Pflegegraden sehr anstrengenden Pflege, besteht bei der Auszahlung von Pflegegeld, die Pflicht zur einer regelmäßigen Beratung durch einen ambulanten Dienst oder einer anderen, zugelassenen Beratungsstelle. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse 2x jährlich in Höhe von 23 € (PG1 – PG 3) und 33 € (PG 4 – PG 5). Es wird so gewährleistet, dass tatsächlich eine adäquate Pflege geleistet wird. Bei einer Unterversorgung kann eine weitere Zahlung des Pflegegeldes verweigert werden. Zur Unterstützung der Pflegenden bieten die Krankenkassen Pflegekurse und Schulungen im häuslichen Umfeld an.                  

Wird bei der Pflege professionelle Unterstützung durch einen anerkannten ambulanten Dienst benötigt, werden die Kosten dafür direkt zwischen dem ambulanten Dienst und der Pflegekasse (für Pflege und hauswirtschaftliche Dienste) und der Krankenkasse (für medizinische Pflege       Rezept vom Hausarzt!) abgerechnet. Hierfür erhalten Sie sogenannte

Pflegesachleistungen      PG 1          PG 2               PG 3               PG 4             PG 5

                                          0              689 €           1.298 €         1.612 €       1.995 €

 Sie können nun mit dem ambulanten Dienst verabreden, welche Leistungen Sie wie oft in Anspruch nehmen möchten. Aber Achtung: alle Leistungen sind mit bestimmten Geldbeträgen hinterlegt! Lassen Sie sich ein ganz genaues Angebot ausrechnen, denn sonst erleben Sie bei der monatlichen Endabrechnung eine böse Überraschung. Die Kassen zahlen maximal nur den oben genannten Betrag, alles Weitere muss selbst getragen werden.

Zur Unterstützung im Alltag können noch einmal 125 € in Anspruch genommen werden. Dieser sogenannte Entlastungsbetrag muss aber spätestens mit Einreichung der 1. Rechnung beantragt werden. Dieser Betrag kann angespart werden, um z.B. im Falle der Inanspruchnahme einer Verhinderungspflege (bei Verhinderung der Pflegeperson, max. für 42 Tage/Jahr, für die PG 2-5 bis zu max. 1.612 €). Die oben genannten 125,00€ können angesammelt dann für die immer gesondert anfallenden „Hotelkosten“ verwendet werden. Das gleiche gilt für Kurzzeitpflege (bis zu 8 Wochen /Jahr  nach Krankenhausaufenthalten, ebenfalls bis max. 1.612 €). Beides findet dann in einer stationären Einrichtung statt.

Werden die Beträge für Verhinderungspflege bzw. Kurzzeitpflege nicht  ausgeschöpft, fällt aber trotzdem noch einmal Bedarf für einen stationären Aufenthalt an, können Restbeträge (bis max. 50%) gekoppelt werden.

Wie anfangs schon angemerkt, ist eine Pflege zu Hause immer anstrengend und der Pflegende sollte Möglichkeiten von Auszeiten in Anspruch nehmen. Dazu eignen sich ganz besonders die Möglichkeiten der Tagespflege. Hier kann der hilfebedürftige Partner an einem bis zu mehreren Tagen in der Woche in einer Tagespflegeeinrichtung mit anderen den Tag  gemeinsam verbringen. Es werden dort die unterschiedlichsten Gruppenangebote (Gedächtnistraining, Mobilitätstraining, tagesaktuelle Gespräche, Singen u.v.a.) vorgehalten. Daneben werden häufig auch die Mahlzeiten (Frühstück, Mittagessen und Kaffee) gemeinsam zubereitet. Es gibt auch immer die Möglichkeit für ein kleines „Nickerchen“ nach dem Essen. Die Gäste werden täglich durch einen Fahrdienst von zu Hause geholt und auch wieder zurückgebracht. Hierfür stellen die Pflegekassen noch einmal den gleichen Betrag  wie bei den Pflegesachleistungen zu Verfügung, auch für die Konstellationen der Pflegegeldempfänger, also für die Pflegenden, die selbst die Pflege ihres Partners / ihrer Partnerin) übernehmen. Hier kann dann auch noch zusätzlich der  Entlastungsbetrag (125 €), auch hier wieder für die sog. Hotelleistungen, in Anspruch genommen werden. Der Gesetzgeber möchte die Angehörigen entlasten und stellt daher relativ viel Geld zu Verfügung: insgesamt kann ein Hilfebedürftiger je nach Pflegegrad zwischen ca 14 und 24 Mal pro Monat eine Tagespflege besuchen. Es ist für 3 Seiten eine Win-Win-Situation: erstens für den zu Pflegenden: gemeinsame Stunden mit anderen und besondere Trainings können Verbesserungen im Krankheitsbild mit sich bringen, für den pflegenden Angehörigen ist es ein Auszeit und insgesamt hofft der Gesetzgeber damit auch die Überleitung in eine stationäre Pflege hinausschieben zu können.

Ein weiterer kleiner Betrag kann noch bei den Pflegekassen angefordert werden, aber auch ist eine Rechnungsvorlage notwendig: 40,00 € für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel. Darunter versteht der Gesetzgeber Sachmittel wie Bettschutzeinlagen und Einmalhandschuhe. Dieser Betrag steht aber ausschließlich für die ambulante Pflege zur Verfügung.

Den pflegenden Angehörigen selbst stehen, wie bereits erwähnt, Schulungsmaßnahmen kostenfrei zu, wie auch in manchen Fällen, Anspruch auf Anrechnung in der Rentenversicherung.

Die Pflegestärkungsgesetze haben das Pflegeangebot stark erweitert und auch finanziell gut ausgestattet. Aber bitte denken Sie immer daran, sich für Ihren speziellen Fall ganz genaue Informationen einzuholen, mit einer Kostenaufstellung für alle, auch die für selbst zu zahlenden Kosten. Nehmen Sie die Beratungsangebote Ihrer Krankenkasse / Pflegekasse in Anspruch  und lassen Sie sich die Kosten schriftlich im Vorfeld geben. Auch auf monatliche Abrechnungen (z.B. des ambulanten Dienstes)  sollten Sie immer bestehen, denn nur so können Sie nachvollziehen, was geleistet wurde und was Ihnen eventuell noch zusteht.        

Welche Möglichkeiten Sie ihrem Stadtbezirk finden, können Sie in der Pflegestützpunkten  in Ihrer Nähe erfahren, z.B.: Ricklinger Stadtweg 46, 30 459 Hannover, Tel.Nr.: 0511 – 168 42 345, Öffnungszeiten: Dienstag und Mittwoch, 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr.